Sehnsucht TV
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Eine Produktion des jungen Ramba Zamba Theater 2017
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Gefördert durch den Projektfonds Kulturelle Bildung (Fördersäule II)
sowie die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin.
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PREMIERE 23.6.2017
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PROJEKTLEITUNG Laura Werres
SPIELLEITUNG Laura Werres und Team
DRAMATURGIE/TEXTENTWICKLUNG mit den Spieler*innen Klara Kroymann
ASSISTENZ Adham El-Said,
TANZTRAINING/CHOREOGRAPHIE Elena Dragonetti und Ensemble
MUSIK Adham El-Said, Muhammad Ra‘fat
BÜHNE UND KOSTÜME Sara Wendt
HOSPITANZ/ÜBERTITEL Simone Ambu
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SPIELER*INNEN Carla Colmorgen, Ania Alima Diarra, Marielle Folerzinski, Konstantin Kujat, Kolja Max, Valentin Landgraf, Nina Rogge, Andreas Rosenzweig und Gäste von P14 (Volksbühne Berlin)
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SEHNSUCHT TV: WILLKOMMEN IN DER FAMILIE?
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Sehnsucht. Ein Wunsch ohne die Aussicht auf Erfüllung. Ein Wesen begehrenswert, weil unerreichbar. Die Hoffnung, selbst zu etwas zu werden. Das Gefühl, dass etwas fehlt.
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Die Spieler*innen sehnen sich nach einer Meerjungfrau H2O, nach einem als Forensiker getarnten Serienkiller Dexter, nach einer mit ihren Gefühlen kämpfenden Assistenzärztin in Doctor’s Diary, nach koreanischen Popstars mit europäischen Augen – der K-POP Gruppe B1A4, nach dem Runner’s High, sowie nach jungen Frauen im Modeltraining Germanys Next Topmodel. Damit weisen die Sehnsüchte mit zwei Ausnahmen in eine Richtung: zur TV-Serie, dem Lieblingskind der Fernsehunterhaltung.
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Im Zentrum der von unseren Spieler*innen gewählten Fernsehformate stehen familiäre Verhältnisse. Aber spiegeln diese auch ihre Alltagsrealität wieder? In keinem der gewählten Fernsehformate treten Schauspieler*innen mit Behinderung auf: weder in Autorenserien, noch in Fashion Shows oder auf Kika – Menschen mit Beeinträchtigungen sind nicht repräsentiert.In unserem Probenprozess ist aber auch deutlich geworden, dass sich unsere Spieler*innen nicht unbedingt Fernsehfiguren mit Beeinträchtigungen wünschen.
Die Differenz zwischen dem Schein des TV und der eigenen Lebensrealität erscheint bei Zuschauer*innen mit Beeinträchtigung schnell sehr groß, prinzipiell ist davon aber jede*r TV-Zuschauer*in betroffen. In extremer Form etwa in unserem Beispiel der K-Pop – Kultur, in dessen Fanzines ein Bericht über Schönheitsoperationen nicht fehlt. Das erstrebte Ergebnis ist erstaunlich: Asiatische Gesichtszüge, die um Attribute wie spitze Kinnlinien und angehobene Augenlieder erweitert werden – ein fast per se unerreichbares Schönheitsideal. Spricht aus der Sehnsucht nach der TV-Welt also der Wunsch nach Teilhabe an einem Bereich der Gesellschaft, aus dem man ausgeschlossen ist – und das nicht nur bei Menschen mit Behinderung?
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In den Voguing Bällen der frühen 80er Jahre wurde sich dieser Wunsch zu Nutze ge-macht. Afroamerikanische und lateinamerikanische Homo- und Trans-sexuelle haben sich ihren eigenen Laufsteg geschaffen und ikonische Modelposen mit viel Spaß an der Überspitzung in Bewegung gesetzt. Sie haben sich damit ihre Vorbilder angeeignet. Das Nichtvorkommen der Realitäten der Schauspieler*innen in den TV Inhalten war für uns der Motor ihre Sehnsüchte in Szene zu setzen. Sehnsucht danach, in den vielen Familien-Geschichten des TV vorzukommen? Nein. Sehnsucht danach, die Geschichten selbst zu erzählen und zwar in ihren eigenen Versionen. Willkommen!
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Text und Bildredaktion KLARA KROYMANN
Fotos ANDI WEILAND
Zu sehen
Bild 1 Bühne/Objekt
Bild 2 Marielle Folerzinski
Bild 3 Carla Colmorgen, Ania Alima Diarra, Kolja Max
Bild 4 Andreas Rosenzweig
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(Auszug Programmheft: Sehnsucht TV .Willkommen in der Familie )